Irmgard & Ortrud:
Mädchen gegen Generäle!
NEIN zu falschen Helden!

Bewohner/innen der Von-Seeckt-Straße/Von-Einem-Straße als Opfer im Holocaust

Mädchen statt Generäle – aus Verantwortung für die Geschichte der beiden Straßen

Die antisemitischen Verfolgungen im Nationalsozialismus, die in den beiden Straßen stattfanden, verlangen von uns eine besondere Sensibilität. Abgesehen von den Stolpersteinen für das Ehepaar Minna und Artur Bachrach vor dem Haus Von-Seeckt-Str. 47 sind sie weder in unseren Köpfen noch visuell präsent. Ein sehr anschauliches Beispiel für die Unsichtbarkeit dieser dunklen Seite der deutschen Geschichte stellt der viel genutzte Parkplatz an der Kreuzung der beiden Straßen dar, an der am 18. November 2012 auch die symbolische Rückbenennung der beiden Straßen stattgefunden hat.

Auf dem Parkplatz stand bis zu dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg das Haus Von-Seeckt-Str. 32. Zusammen mit dem Haus Nr. 47 bildeten diese beiden Orte die von den Nationalsozialisten so genannten „Judenhäuser“ des Straßenbezirks, in die als Juden angesehene Mitmenschen zwangsweise umziehen und unter sehr beengten Verhältnissen leben mussten. Aus diesen kleinräumigen Ghettos wurden die Verfolgten ab 1941 in den Osten Europas deportiert und dort ermordet.

Das Schicksal der Bewohner des „Judenhauses“ in der Von-Seeckt-Straße 32

Beatrice Strauss, Alfred und Erna Cohn, Albert, Martha und ihr Sohn Alfred Elsberg wurden am 10. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet. Die beiden Töchter der Familie Elsberg, Rose und Margret, konnten glücklicherweise vor dem Krieg in die USA emigrieren.

Amanda Kaufmann musste den gleichen Weg in die Vernichtung wie Minna und Artur Bachrach sowie Salomon Götz aus dem anderen „Judenhaus“ in der Von-Seeckt-Straße 47 gehen. Die vier Essener wurden am 22. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert und zwei Monate später im Vernichtungslager Treblinka wie alle 1985 Personen des Transports vergast. Wahrscheinlich nahm sich Amandas Ehemann Julius kurz vor der Deportation 1942 das Leben, da er ahnte, was bevorstand: Ihr gemeinsamer Sohn Ernst-Dietrich war mit den zuerst genannten sechs Hausbewohnern der Von-Seeckt-Straße 32 acht Monate zuvor am 10. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet worden. Dem zweiten Sohn der Familie Kaufmann, Hans-Jakob, war zuvor die Flucht in die Vereinigten Staaten gelungen.

Jenny, Wilhelm und ihr Sohn Hans Rogozinski wurden am 22. April 1942 in das Ghetto Izbica (im heutigen Südostpolen bei Lublin) deportiert und ermordet.

Verantwortung

Für die Verbrechen trugen Menschen die Verantwortung: Menschen, die sie organisierten und sie verübten – aber auch Menschen, die wie die beiden Generäle Karl von Einem und Hans von Seeckt den Weg der Mörder an die Macht politisch aktiv unterstützt und den geistigen Nährboden für ihre menschenverachtenden Taten geliefert haben. So wollte von Einem „Homosexuelle vernichten“ und von Seeckt mit aggressiver Militär- und Kriegspolitik ganze Staaten von der Landkarte verschwinden lassen.

Aus Respekt vor den Opfern dürfen die beiden Straßen nicht nach Hans von Seeckt und Karl von Einem benannt sein. Sie zurück zu benennen heißt auch, die Verantwortung für einen schmerzhaften Abschnitt der deutschen Geschichte anzunehmen, der in den beiden Straßen bis heute weitestgehend ausgeblendet und unsichtbar gemacht ist.

Zugleich möchten wir dazu anregen, weitere Stolpersteine in unseren Straßen zu verlegen. Wer hierzu Fragen hat oder sich an einer Initiative für Stolpersteine vor dem ehemaligen „Judenhaus“ auf dem heutigen Parkplatz an der Kreuzung Von-Einem-Str./Von-Seeckt-Str. beteiligen möchte, kann sich sehr gerne an die Anwohnerinitiative wenden (irmgardundortrud@web.de).