Irmgard & Ortrud:
Mädchen gegen Generäle!
NEIN zu falschen Helden!

Fragen & Antworten

Argumente

Welche Argumente sprechen für die Rückbenennung der beiden Straßen?

Straßenbenennungen sind Teil der Geschichtspolitik, und grundsätzlich hat jede Generation auch das Recht, diese Widmungsakte zu hinterfragen, frühere Ehrungen einer kritischen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls neu zu entscheiden. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb heute – anders als bisher – generell keine Straßenumbenennungen mehr vorgenommen werden sollten, wie es in der Diskussion unter Hinweis auf den Umstellungsaufwand zum Teil gefordert wird. Vielmehr kann nur eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall Grundlage der Entscheidung sein. Öffentliche Räume werden dann nach historischen Personen benannt, wenn diese dadurch geehrt werden sollen. Im Fall von Karl von Einem und Hans von Seeckt fällt die geschichtliche Bewertung eindeutig aus: An beiden Generälen findet sich nichts Ehrungswürdiges.

Wieso macht man so etwas in Essen und nicht in anderen Städten?

Auch in anderen Städten werden Straßen umbenannt, wenn die Namensgeber nicht mehr unseren demokratischen Maßstäben entsprechen – aktuell z.B. die Einemstraße in Berlin.

Die Straßen heißen doch bereits seit 75 Jahren so. Wieso besteht jetzt auf einmal Handlungsbedarf?

Der Konflikt um die beiden Straßennamen begann bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs: Trotz diverser Anweisungen zur Entmilitarisierung der Straßen durch die Siegermächte, den Innenminister von NRW oder den Regierungspräsidenten weigerte sich die Stadt Essen beharrlich, die problematischen Generalsnamen von den Straßenschildern zu nehmen. Seit den 1980er-Jahren gab es wiederkehrende Bürgerinitiativen, die die Namen der Generäle ebenfalls nicht für tragbar halten. Um den Konflikt dauerhaft zu lösen, gab es im Jahr 2012 erstmals seit 1945 eine Mehrheit in einem demokratisch gewählten Gremium für den Beschluss, die Straßen rückzubenennen. Mit den „alten“ Mädchennamen wird der Streit beendet sein.

Müssen nicht Goethe und Schiller auch von den Straßenschildern entfernt werden?

Es zeugt von Beliebigkeit, dass „Pro Von“ und die CDU einerseits die „Konfrontation mit diesen Namensträgern“ einfordern und die Straßennamen als Mahnung verstanden wissen wollen, andererseits aber gravierende Verharmlosungen („Monarchisten“) und völlig absurde Vergleiche (Goethe, Schiller usw.) anführen. Offenbar wird versucht, der historischen Diskussion und der Bewertung der Lebensleistung der beiden Personen auszuweichen.

Werden jetzt 90 Straßen in Essen umbenannt?

Straßenumbenennungen sind immer Einzelfallentscheidungen!

Die Gegnerinnen und Gegner der Rückbenennungen behaupten, in Essen sollten im weiteren Verlauf bis zu 90 Straßen und Plätze umbenannt werden. Diese Darstellung ist in höchstem Maße unseriös, populistisch und als Panikmache zu verstehen. Angeblich ist man dem „Bürgerwillen“ verpflichtet, aber man schreckt nicht vor bewusster Täuschung der Stimmberechtigten zurück. In Essen gibt es – anders als beispielsweise in Münster – keinen politischen Konsens, frühere Straßenwidmungen systematisch zu hinterfragen. Sollte irgendwann einmal in Essen wieder ein Name zur Debatte stehen, so setzt der Entscheidungsprozess, wie bei der Von-Seeckt-Straße und der Von-Einem-Straße, auf jeden Fall eine sorgfältige und abwägende Auseinandersetzung mit der geehrten Person voraus. So ist auch die Expertenkommission in Münster zu unterschiedlichen geschichtlichen Bewertungen der Namensgeber gekommen und hat unterschiedliche Empfehlungen ausgesprochen.

Dass völlig undifferenziert unter anderem Theodor Heuss (erster Bundespräsident der Bundesrepublik und liberaler Politiker, der aus Fraktionszwang dem Ermächtigungsgesetz 1933 zugestimmt hatte) sowie Richard Wagner (bedeutender Komponist im 19. Jh. und Antisemit) als Beispiele anführt werden, belegt nur, dass man sich der Problematik nicht stellen will. Wesentliches Kriterium einer Straßenwidmung ist die Würdigung und Bewertung der Lebensleistung der jeweiligen Person in allen ihren unterschiedlichen Facetten.

Hätte man nicht „schönere“ Namen als „Irmgardstraße“ und „Ortrudstraße“ finden können?

Die Namen Irmgardstraße und Ortrudstraße sind historische Namen, die die Straßen bereits von 1906 bis 1937 trugen. Insofern wurden keine neuen Namen erfunden.

Gegenstand der Gespräche zwischen den beiden Anwohnerinitiativen „Pro Von“ und „Irmgard und Ortrud“ im Herbst 2012 über mögliche Kompromisse war ausdrücklich auch die Möglichkeit, andere Namen zu wählen, die in unser „Mädchenviertel“ passen. Diese Lösung scheiterte am Widerstand der Anwohnerinitiative „Pro Von“, die alternativlos an den derzeitigen Namen festhält.

Welche Bedeutung haben die Vornamen Irmgard und Ortrud?

Die Vornamen haben hier keine besondere Bedeutung. Um 1900 wurden in Rüttenscheid viele Straßen anhand einer Liste gängiger Vornamen in alphabetischer Folge benannt. Diese Tradition wird bis heute fortgesetzt, so wurden noch vor wenigen Jahren die Roswithastraße und der Helgaweg in Neubaugebieten mit großer Zustimmung benannt.

Verfahren

Ist das Verfahren nicht undemokratisch?

Die geplante Rückbenennung durch die Bezirksvertretung II wurde vorab umfangreich in der Presse dokumentiert und diskutiert. In der Bezirksvertretung II entschieden gewählte Vertreter über die Rückbenennung. Die Entscheidung war zwar kontrovers, aber – wie viele andere auch – von einer demokratischen Mehrheit getragen.

Die vor kurzem von der neuen Landesregierung gesenkten Hürden für Bürgerentscheide stellen sicher, dass sich alle Bürger demokratisch bei umstrittenen Entscheidungen einbringen können, was derzeit geschieht. Insofern handelt es sich um ein vollständig demokratisches und transparentes Verfahren.

Warum erfolgt keine kostenneutrale Umwidmung der beiden Straßen?

Für beide Anwohnerinitiativen stellt die kostenneutrale Umwidmung (die Straßennamen bleiben, werden aber mit anderen ehrungswürdigen Personen als den derzeitigen verbunden) eine mögliche Alternative dar. Die Stadt Essen hat hierzu eine intensive Recherche durchgeführt. Es ist leider kein Träger des Namens „von Seeckt“ bekannt, der für eine Straßenwidmung in Frage kommt.

Ändern sich die Hausnummern in den Straßen, wie es häufiger behauptet wird?

Eine Änderung der Hausnummern ist nicht vorgesehen; auch nach früheren Straßenumbenennungen in Essen war dies nicht üblich. Es handelt sich um eine von interessierter Seite trotz entsprechender Klarstellung weiterhin verbreitete Fehlinformation.

Haben die Politiker keine wichtigeren Aufgaben zu erledigen?

Die Politiker der Bezirksvertretungen in Essen befassen sich jeden Monat mit dutzenden von Themen, von denen die meisten auch wesentlich mehr Aufmerksamkeit erfahren als Straßenbenennungen – sofern es kein Bürgerbegehren gibt.

Zudem sind Namen ein wichtiges Symbol: Am 23. November entschied eine große Mehrheit – auch der Parteien, die hier gegen die Aufwände der Rückbenennung wettern – dafür, die Bamlerstraße in Bertold-Beitz-Boulevard umzubenennen. Hier werden die Kosten für die Anwohner zwar von einem Sponsor getragen, die Kosten für die öffentliche Hand sind allerdings genau so hoch wie in Rüttenscheid; eventuell sogar höher, da die EVAG dort einen U-Bahnhof umbenennen muss. Somit sind Straßennamen eine Frage der Priorität – es ist Anwohnern und Politikern oft wichtig genug!